Zeitgemässe Förderung – Befristete Stiftungsmodelle liegen im Trend

Stiftungsgründungen sind weiterhin attraktiv, doch zeichnet sich ein Wandel bei der Lebensdauer von Stiftungen ab. Über die Hälfte (52,2%) der neu gegründeten Stiftungen wurde nach 10 Jahren wieder liquidiert. Insgesamt waren Ende 2020 total
13´514 gemeinnützige Stiftungen im Handelsregister eingetragen, wovon sich 139 im Liquidationsverfahren befinden. Die aktuellen Zahlen, Fakten und Trends aus dem Stiftungswesen finden sich im frisch publizierten Schweizer Stiftungsreport. 

Zunehmend werden Stiftungen nicht mehr für die Ewigkeit angelegt, sondern innerhalb weniger Jahre wieder liquidiert. Zu den vielfältigen Liquidationsgründen gehören u.a. das Interesse der Stifter, ihr Engagement zu Lebzeiten in Form einer Verbrauchsstiftung zu realisieren, sowie niedrige Zinsen, welche bei kleinen Stiftungen zu knappen Erträgen führen. So wurde in den vergangenen 10 Jahren (1990 – 2020) zwar ein enormes Wachstum an Stiftungsneugründungen verzeichnet, der Trend ist nun jedoch rückläufig. 2020 wurden insgesamt 284 gemeinnützige Stiftungen gegründet und gleichzeitig 210 liquidiert. Das Nettowachstum von lediglich 74 Stiftungen ist somit Ausdruck dieser dynamischen Entwicklung des Stiftungssektors.

Quelle: Der Schweizer Stiftungsreport 2021/CEPS Datenbank

Regelungsbedarf im Stiftungsrecht bleibt bestehen

Eine Auswertung der Vernehmlassungsergebnisse zur parlamentarischen Initiative Luginbühl durch das Zentrum für Stiftungsrecht der Universität Zürich zeigt, dass sich die drastische Reduzierung der Gesetzesvorlage nicht mit dem Tenor der kantonalen Stellungnahmen deckt. Gerade Aspekte, welche im Vernehmlassungsverfahren als kontrovers aufgefasst und deshalb gestrichen wurden, hätten als Basis für notwenige Diskussionen gedient. Die klarere Regelung der Stiftungsaufsichtsbeschwerde wurde bspw. von 14 Kantonen grundsätzlich begrüsst und die restlichen Kantone standen nur den konkreten Formulierungen, aber nicht dem Anliegen per se kritisch gegenüber. Folglich werden viele Punkte ungeklärt und das Bedürfnis nach einheitlichen und zeitgemässen Lösungen im Stiftungswesen bestehen bleiben. Dies ist problematisch, weil das liberale Stiftungsrecht von Behörden und Gerichten häufig zulasten von Stiftern und Stiftungen interpretiert wird. Welche Möglichkeiten bestanden hätten und weiterhin bestehen, stellt Dominique Jakob in einem Autorenbeitrag dar.

Special Finanzen: Anlegen mit Wirkung

Das Vermögen ist für eine Stiftung nicht nur Mittel zum Zweck, sondern auch Grundlage ihrer Existenz. Das durchschnittliche Anlageportfolio von Stiftungen besteht zum grössten Teil aus Aktien und Obligationen. Wie der Artikel von Georg von Schnurbein aufzeigt, orientieren sich viele Stiftungen bei deren Auswahl bereits an der sozialen oder ökologischen Wirkung oder wenden Nachhaltigkeitskriterien wie ESG-Kriterien an. Mittels Impact Investing kann somit nebst der eigentlichen Fördertätigkeit mehr gesellschaftlicher Nutzen erzielt werden. Die Gastbeiträge von Ulrich Kriese, Stiftung Edith Maryon, Maximilian Martin, Fondation Lombard Odier, und Simon Sommer, Jacobs Foundation, veranschaulichen, dass Schweizer Stiftungen dieses Potenzial erkannt haben. Im Vergleich zu staatlichen Instanzen können sie ihr Vermögen flexibler und riskanter anlegen und so zunehmend auf moderne Investitionsmodelle mit gemeinnütziger Wirkung setzen.

Der Stiftungssektor entwickelt sich verantwortungsbewusst und digital in die Zukunft

Als Ausdruck der Zivilgesellschaft sind Stiftungen dem aktuellen Zeitgeschehen sowie dem gesellschaftlichen Wandel ausgesetzt und dadurch der eigenen Weiterentwicklung verpflichtet. Der neue Grundsatz “Gesellschaftliche Verantwortung” in der vierten Ausgabe des Swiss Foundation Code nimmt diese Anforderung nun explizit in sein Regelwerk auf. In der Praxis definieren Stiftungen ihre philanthropische Verantwortung neu, beispielsweise indem sie schnell und unbürokratisch mit Notfallfonds auf die Folgen der Coronakrise reagieren. Technologischen Neuerungen wie digitale Plattformen spielen bei diesem neuen Verständnis ebenso eine Rolle wie die Blockchain, und beschäftigen nicht nur die Stiftungen, sondern auch die Aufsichtsbehörden. Gedanken zu diesen Themen und Trends machen sich neben Sabrina Grassi, Swiss Philanthropy Foundation, auch Dominique Favre, Westschweizer BVG- und Stiftungsaufsichtsbehörde As-So, sowie Thomas Müller, MME Legal.

Weitere Auskünfte: Prof. Dr. Georg von Schnurbein, georg.vonschnurbein@unibas.ch, +41 61 207 23 92; Prof. Dr. Dominique Jakob, dominique.jakob@rwi.uzh.ch, +41 44 634 1576; Katharina Guggi, guggi@swissfoundations.ch, +41 78 818 98 61; Julia Jakob, jakob@swissfoundations.ch, +41 44 440 00 10

Tags

Newsletter

Bleiben Sie über die Stiftungswelt im Bilde! Wir berichten über aktuelle Debatten und Diskurse, reflektieren politisch-rechtliche Entwicklungen und weisen Sie auf Publikationen und Weiterbildungen hin.